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Lange wurden Kommentatoren verschmäht, die von einer Benachteiligung von Nicht-Geimpften warnten. Eine Chronologie, wie es dazu kommen konnte – und warum ich mich gegen Corona impfen lassen musste.

Seit einigen Wochen hat der Schulunterricht wieder begonnen. Also auch an meiner Schule. Dieses Jahr mache ich übrigens Matura – daher wird es hier vermutlich auch etwas stiller, das nur vorweg.

Aber was hat das nun mit der heiß diskutierten Corona-Impfung zu tun? Tatsächlich eine ganze Menge. Während es innerhalb der Ferien durchaus schaffbar ist, mit Benachteiligungen als Nicht-Geimpfter zu leben (außer man will rundum die Welt reisen, was bei mir ja nicht der Fall war), ist es da in einem Maturajahr schon viel schwieriger.

In der Schule gibt es drei Corona-Tests pro Woche – zwei Antigen-Tests und eine Probenentnahme wird mittels PCR ausgewertet. Während die Antigen-Tests weniger ein Problem sind, haben wir Schüler bei PCR-Tests keine Möglichkeit einer nachträglichen Testung. Was bedeutet: Ist ein Schüler am Montag krank (zumindest in Vorarlberg wird der PCR-Test am Montag gemacht) oder anderweitig verhindert, muss er selber einen mittels PCR ausgewerteten Corona-Test in die Schule mitbringen. Wie das aber in der Zwischenzeit möglich sein soll (eine Auswertung dauert gut und gerne 24 Stunden), konnte jedoch noch niemand richtig beantworten. Das Problem: Ohne PCR-Test, der an der Schule selber nur am Montag durchgeführt wird, extern aber kaum in der Schnelle in vielen Situationen erbringbar ist, darf der Schüler oder die Schülerin nicht am Unterricht teilnehmen. Die Leidtragenden sind die Schüler*innen – aber natürlich auch deren Eltern und das gesamte Umfeld.

Diese Art der Testerei soll zunächst einmal für drei Wochen verpflichtend sein. Vorerst. Auch das kann sich ändern, wenn sich die Infektionslage ändert – aber wir wollen an dieses Schreckensszenario noch nicht denken. Nach diesen drei Wochen soll unterschieden werden (vorausgesetzt die Lage der Infektionen bleibt so): Dann müssen sich nur noch Nicht-Geimpfte testen lassen.

Das wäre natürlich noch kein Problem, weil der Test tut nicht weh (einmal abgesehen davon, dass die Gurgellösung für die PCR-Tests grauslich schmeckt). Aber: Schlägt dieser Test jetzt bei einem Mitschüler positiv an, gelten alle nicht-geimpften Schüler*innen als sogenannte K1-Personen, haben also ein deutlich größeres Risiko, von der Gesundheitsbehörde in Quarantäne geschickt zu werden. Geimpfte Schüler*innen sind nur K2-Personen. Wer dann in den Hausarrest geschickt wird, entscheidet zwar immer noch die Gesundheitsbehörde, aber ein erhöhtes Risiko müssen die Nicht-Geimpften in Kauf nehmen. Die Gesundheitsbehörde wird es zwar versuchen, an der Zahl der Infizierten festzumachen, wer in Quarantäne geschickt wird (auch die Schließung von ganzen Schulen wurde von der Regierung nicht ausgeschlossen), klare Kriterien gibt es aber nach wie vor nicht dafür.

Auch ist klar: Wenn ich mich selber nach den drei Wochen nicht mehr testen muss, kann ich selber auch gar nicht positiv sein, was wiederum sicher zu einer Quarantäne-Pflicht führen würde. Umso mehr Schüler*innen geimpft sind, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit dem Thema in Berührung kommen. Hoffen wir, dass die Testpflicht zumindest dauerhaft wegfällt – und nicht wie beschrieben wieder für alle kommt.

Versetzen Sie sich, falls Sie es nicht selber sind, einmal in die Lage eines Maturanten: Wollten Sie dieses Risiko eingehen, vom Unterricht für mehrere Tage ausgeschlossen zu werden? Wenn Sie noch nachdenken: Was ist, wenn es diese positiven Tests direkt vor Ihrer Matura gibt? Wenn Sie also an dem Termin gar nicht erscheinen können? Sind Sie dann lieber ein geimpfter Schüler oder ungeimpft? Gesundheitlich ist es wohl egal, weil die Altersgruppe kaum von der Krankheit betroffen ist. Aber sozial? Von Ihrer Bildungskarriere her? Noch ein Jahr Chaos?

Das wird es zwar ohnehin geben, weil verständlicherweise nie alle geimpft sein werden – und das ja auch nicht die einzige vorgesehene Maßnahme ist, die zu Schulschließungen führen könnte (es sind beispielsweise auch fragwürdige Abwasseranalysen vorgesehen). Aber aus rein egoistischen Gründen haben sich viele impfen lassen – nicht weil sie wollten. Viele junge Menschen hat man zur Impfung genötigt.

Impfpflicht?

Als vor ein paar Monaten die 3G-Regel ankündigt wurde, wurden all jene, die sagten, das sei der Beginn auf dem Weg in die Impfpflicht, als „Verschwörungstheoretiker“ gebrandmarkt. Es hat seitens der Regierung geheißen, man habe ja als Alternative zur Impfung die Corona-Tests – das sei zumutbar; es werde keine Impfpflicht geben, weder direkt noch indirekt.

Und was ist nun? Der Gesundheitsminister will, dass Corona-Tests kostenpflichtig werden, die Schnelltests für zuhause sollen auslaufen, in vielen Bereichen kann man sich eine 2G-Regel (geimpft oder genesen) vorstellen; so mancher Politiker kann sich sogar vorstellen, dass Genesene diskriminiert werden, obwohl es gute Hinweise darauf gibt, dass eine natürliche Immunität sogar deutlich länger anhält als die durch eine Impfung herbeigeführte. Das soll kein massiver Druck auf Ungeimpfte sein, der einer Impfpflicht gleichkommt?

Unfreie Impfentscheidung

Aus diesem Konglomerat an Zwängen, Druck und Benachteiligungen habe ich es nach Monaten des leisen Widerstands („leise“ deshalb, weil man muss ja aufpassen muss, was man sagt und schreibt – und vor allem, was macht macht) nicht mehr durchgehalten: Nachdem ich von der dreiwöchigen „Einführungsphase“ an den Schulen erfahren hatte, habe ich mich zum letztmöglichen Termin impfen lassen. In der letzten Ferienwoche wurde ich mit dem Vakzin Janssen vom amerikanischen Pharmazie-Unternehmen Johnson&Johnson gegen das Coronavirus geimpft.

J&J hat einen sogenannten Vektorimpfstoff entwickelt, eine Technologie, die im Gegensatz zur mRNA-Technologie bereits Jahre bei anderen Impfungen seit Jahren verwendet wird. Der Vollständigkeit halber: mRNA wurde nur in der Krebstherapie zur Behandlung von Krebspatienten eingesetzt, Vektorimpfstoffe gibt es beispielsweise gegen Ebola oder das Dengue-Fieber bereits länger – wurde also auch bei gesunden Menschen verimpft.

Es war das „geringste Übel“: Erstens sind bei J&J Nebenwirkungen seltener und weniger stark ausgeprägt (was mir zu Gute kam), es ist nur ein Stich notwendig – und drittens vertraute ich diesem Impfstoff am meisten. Ob das nun begründet ist oder nicht, sollen Fachleute entscheiden. Aber letztlich muss ich als Betroffener Vertrauen haben – ich müsste ja auch mit allfälligen Impfschäden leben.

„Frei“ war die Entscheidung bestimmt nicht. Es gab nur keine Alternative, nach über eineinhalb Jahren Zermürbung durch Coronamaßnahmen, persönlich-unterstellenden Angriffen, wenn man die Regierungslinie kritisierte, einem wichtigen Schuljahr, das bevorsteht und das zumindest jetzt halbwegs normal sein sollte. Es war eine Notlösung, eine egoistische Entscheidung, die nicht wirklich rational zu begründen ist – aber eben Resultat der beschriebenen Umstände ist.

Totimpfstoffe: Anfrage an Novavax

Eigentlich wollte ich ja auf einen Totimpfstoff warten. Aber das dauert. Es wären im Wesentlichen zwei Möglichkeiten offen gestanden: Die Impfstoffe von Valneva und jener von Novavax. Der als erstens genannte Hersteller hat schon über die Medien ausgerichtet, dass man wohl noch länger brauchen werde. Und an den Impfstoff-Entwickler Novavax habe ich selber eine Anfrage geschickt. Und ich habe auch eine Antwort erhalten, die schließlich auch zur Entscheidung für J&J führte. Denn: Auch Novavax betonte in der Antwort, der Nutzen ihrer Impfung sei noch nicht bewiesen. Ein konkretes Datum konnte der Hersteller zwar nicht nennen, jedoch ist wohl nicht mit einer Verfügbarkeit vor 2022 zu rechnen.

Ich wünsche jedenfalls allen Ungeimpften, dass sie ihre Entscheidung, abzuwarten oder sich nicht gegen Corona impfen zu lassen, noch lange aufrecht erhalten können. Alleine: Ich befürchte, das wird nicht einfach werden!
Und bevor jetzt wer wütend kommentiert: Nein, ich rate niemandem mehr von einer Coronaimpfung ab. Es soll jede*r selber entscheiden, was er oder sie diesbezüglich machen möchte. Als medizinischer Laie kann ich nur sagen: Die Coronaimpfungen sind nach all dem, was ich weiß, für ältere Menschen (für sie sind eventuelle Langzeitschäden auch aufgrund ihres Alters weniger relevant wie für junge Menschen) und für Menschen mit Vorerkrankungen sehr sinnvoll, weil das Risiko durch die Impfung geringer sein dürfte als durch eine Covid-Erkrankung. Bei jungen Menschen ist das jedoch anders: Hier sehen auch viele Experten (z. B. Martin Sprenger im frisch-Interview) keine medizinische Notwendigkeit – also warum soll man da Impfungen gegen eine Krankheit durchführen lassen? Junge Menschen unter 20 Jahren haben ein extrem geringes Risiko, an Corona schwer zu erkranken oder zu sterben. „Long Covid“ ist bei jungen Menschen kaum ein Thema. Warum nur, warum dann eine Coronaimpfung für zwölf- bis 20-Jährige?

Warum nicht impfen lassen?

Das ist eine Frage, die dann natürlich gleich kommt: Sie mag nichts bringen – aber wem schadet die Impfung? Grundsätzlich: Was wissen wir? Kurz- bis mittelfristige Nebenwirkungen gibt es sehr wenige – vor allem bei mRNA-Impfungen sind hier Fragen offen beziehungsweise gab es Probleme. Das ist also das geringere Problem, auch wenn wir auch solche Sorgen nicht lächerlich machen sollten.

„Es gab noch nie eine Impfung, die Langzeitschäden nach sich zog!“ – solche und ähnliche Aussagen sind irreführend. Wenn das so richtig und vollständig wäre, wäre das schön und es wäre natürlich ein Argument mehr FÜR die Impfung. Die Aussage ist aber sachlich nicht gerechtfertigt – ich begründe unten. Eines vorweg: Ja, Langzeitschäden, die erst nach ein paar Jahren entdeckt werden, sind sehr unwahrscheinlich und werden wenn überhaupt in eher geringer Zahl auftreten. Aber dass es das nicht gegeben hat und daher auch in Zukunft nicht geben wird (auch wenn angemerkt sei, dass alles zum ersten Mal passieren kann – warum denn nicht?), ist nicht richtig.

About Pandemrix

Eines der bekanntesten Beispiele für Spätfolgen bei Impfstoffen ist die Impfung gegen das Schweinegrippevirus H1N1. 2009, als weltweit die Schweinegrippe umging, waren ebenfalls Impfstoffe, die in Windeseile von Pharmakonzernen entwickelt wurden, die von der Politik präsentierte Lösung. Der Impfstoff Pandemrix von GlaxoSmithKline (GSK) wurde massenhaft verimpft. Das Problem: Erst Monate und Jahre nach der Impfung traten auffällig viele Fälle von Narkolepsie, also Schlafsucht, auf. Mittlerweile stellt die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bei über 1300 Fällen ein direkter Zusammenhang zwischen der Pandemrix-Impfung und den Narkolepsie-Fällen her. Natürlich kann man sagen: Ja, in dem Fall sind aber schon in den meisten Fällen vorher Symptome von Narkolepsie aufgetreten! Mag sein – aber genau das ist ja die Kritik an der jetzigen Vorgangsweise bei den Corona-Impfungen: Weil Nebenwirkungen eben in vielen Fällen nicht konsequent gemeldet werden, die Betroffenen auch nicht auf Auffälligkeiten nach der Impfung achten, weil das gar nicht gewollt ist, können wir nicht sichergehen, dass es nicht auch Langzeitfolgen bei den bereits Geimpften gibt. Genau so war es bei Pandemrix. Es fehlt eine Überwachung der Impfungen und deren Folgen. Man darf nicht vergessen: Normalerweise dauert die Impfstoffentwicklung acht bis zwölf Jahre. Wollen wir jetzt schneller sein, müssten wir wohl viel genauer arbeiten mit solchen Impfstoffen.

Ja, die Wahrscheinlichkeit, an solchen Impfschäden leiden zu müssen, ist sehr gering. Aber sie ist vorhanden und evident. Daher gibt es – gerade für junge Menschen, die kaum von COVID-19 betroffen sind – gute Gründe, sich nicht impfen zu lassen. Aber man lässt uns diese Entscheidung nicht. Viele junge Menschen fühlen sich genötigt. Wir müssen uns impfen lassen. Wir machen das nicht freiwillig. Man kann davon ausgehen, dass die meisten (insbesondere in der jungen Bevölkerung), die sich jetzt noch impfen lassen, das nicht freiwillig machen.

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Von Lucas Ammann

Lucas Ammann ist Blogger und schreibt hier über Themen, die ihn persönlich betreffen und berühren. Zuvor war er bereits für diverse österreichische Medienhäuser tätig. Mehr unter "Über mich".

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